- Göttin des Nordens
Ich möchte euch hier die Göttin Freyja näher bringen. Sie wurde von allen germanischen Völkern verehrt: Von den Nordgermanen in Schweden und Norwegen bis zu den Südgermanen in Deutschland und Östereich bete man sie an. Ihr Name, also Freyja, Freya, Frija, Frea, Fria oder auch Frouwe, bedeutet einfach "Frau" oder "Dame". Snorri schrieb dazu: "Von ihr hat der Ehrenname den Ursprung, daß man vornehme Weiber Frauen (freyjur) nennt." (Gylfaginning, 24). Wie hier schon durchblinkt ist Freyja eine selbstbewusste, emanzipierte Göttin, die sich nicht von Männern oder Göttern kommandieren lässt, sondern Respekt und Achtung verlangt. Als einmal über ihren Kopf hinweg entschieden worden war, dass sie gegen ihren Willen heiraten sollte (wie es im Patriarchat üblich war), da erbebten alle Hallen der Götter und Göttinnen in Asgard durch ihren Zorn, so dass diese Idee schnell wieder eingestampft wurde. Niemand wollte sich mit ihr anlegen! Schließlich war sie nicht nur eine unbesiegbare Kriegerin und Herrin der Valküren (weiblicher Kriegsgeister), sondern auch eine mächtige Hexe:
Es gab einst einen Krieg zwischen den zwei nordischen Göttergeschlechtern: den auf Landwirtschaft und Wohlergehen ausgerichteten Vanen und den kriegerischen Asen, als jene in ihr Land eindrangen. Keine der beiden Seiten konnte einen Sieg für sich erringen, weshalb der Krieg über lange Zeit anhielt. Freyja sah das Leiden ihres Volkes und es bedrückte sie so sehr, dass sie nur einen Ausweg sah: Als Gullveig, die Goldgierige, verkleidet betrat sie Wotans/Odins Halle in Asgard. Als die dort versammelten Asen sie erkannten, da warfen sie Speere nach ihr, durchborten sie damit und versuchten sie zu verbrennen. Dreimal versuchten sie sie zu töten, doch jedes Mal ging sie unversehrt daraus hervor. Beim letzten Mal verwandelte sie sich schließlich von Gullveig in Heidh, die Leuchtende. Die Asen erkannten, dass es ihre Magie war die Freyja schützte und so gaben sie auf. Freyja verlangte daraufhin den Krieg gegen die Vanen einzustellen und schlug vor als Friedensabkommen Geiseln auszutauschen. Dies geschah und so verblieben neben Freyja auch ihr Bruder Freyr/Frey und ihr Vater Njördhr/Njörd bei den Asen. Sie bezogen in Asgard ihre Hallen und Freyja lehrte daraufhin Wotan/Odin ihre Magie, die als Seidr überliefert ist, als Austausch für seine Runen.
An dieser von mir etwas ausgeschmückten Erzählung wird zum Einen der Grund deutlich warum Freyja als Schutzherrin der Hexen gilt: Sie sah dem Feuer ins Angesicht, immer wieder und hat doch überlebt – ebenso wie die Hexen die Inquisition überstanden haben. Zum Anderen wird aber auch ihr Wesen als Vanadís, die "Vanengöttin", deutlich: Auch wenn sie eine Kriegerin ist, ist ihr Ziel stets der Frieden und das Wohlergehen ihres Volkes. Unter diesem Blickwinkel bekommt die Tatsache, dass sie die Hälfte der im Krieg gefallenen KriegerInnen bei sich in Folkwang aufnimmt (die andere bekommt Wotan) eine völlig neue Bedeutung: All Jene, denen das Leben hart mitgespielt hat, bekommen in ihrer Halle eine zweite Chance ein Leben in Freude und Lust zu führen. Der Raum dafür heißt Sessrumnir (der mit den vielen Plätzen) und zeigt deutlich, dass Freyja immer noch einen Stuhl zu vergeben hat.
Neben den Gefallenen, die sie wählt (natürlich vor Wotan – Lady´s first!), haben dort auch alle Frauen und Verliebten einen Platz sicher. Freyja ist nämlich auch die germanische Göttin der Liebe. In allen Liebesangelegenheiten kann man sich vertrauensvoll an sie wenden. Jedoch sei erwähnt, dass sie eine sexuell sehr freizügige Göttin ist. Der Gott Loki wirft ihr in der Schrift "Lokasenna" vor, dass es in Asgards Hallen keinen Gott und keinen Alben (Elfen) gebe mit dem sie noch nicht ihr Lager geteilt habe. Selbst mit ihrem Bruder Freyr habe sie schon Liebe gemacht, was darauf zurückgehen mag, dass Freyja und Freyr zu "vanischen" Zeiten ein Paar waren, da damals Geschwisterehen durchaus akzeptiert waren. Allerdings ist eindeutig, dass Freyja eher mit Beziehungen verbunden ist, die auf Lust und Freude fußen, als auf Eheverträgen. Nicht um sonst leiten sich deutsche Wörter wie "froh", "Freude", "freien", "Freier"(~Liebhaber) und "frei" von ihrem Namen bzw. dem ihres Bruders ab. Sie ist sinnlich und sexuell und ihre Freude ist der Maßstab ihres Handelns. Ihre PartnerInnen wählt sie ganz nach ihrem Belieben.
Sehr erfreuen tuen sie übrigens Liebeslieder mit deutlich sexuellem Subton, denn diese sind ihr geweiht. Ebenso hat sie eine Schwäche für Schmuck, insbesondere aus Gold und Bernstein. Ihr magisches Halsband, das Brisingamen, das sie auch als Gürtel tragen kann, hat sie sogar so betört, dass sie mit den vier Zwergen, die es geschmiedet haben, als Kaufpreis eine Nacht verbrachte. Dies mag sich nach billiger Prostitution anhören, doch es wird vermutet, dass die vier Zwerge, den vier Himmelrichtungen bzw. Elementen entsprechen und Freyja diesen durch ihre Vereinigung das Leben einhauchte, wodurch sie das Brisingamen als Symbol ihrer Herrschaft über die Natur und ihre Zyklen erhielt. Dies weißt Freyja zusätzlich als eine Herrin der Fruchtbarkeit aus, wie es für den Stamm der Vanen eigentlich auch typisch ist. Sie ist die Göttin der Lebenskraft!
Ihre Macht als Erweckerin des Lebens drückt sich auch in ihrem Bezug zur Sonne aus: Sie besitzt einen goldenen Reiteber namens Hildiswini (~Kampfschwein) und ihr Name Syr, die Sau, wird in bezug zur Sonne gesetzt. Ebenso ist ihre Vorliebe für Gold als Sonnenmetall ein Hinweis, wie auch die Tatsache, dass ihre Tränen zu Gold werden sollen, wenn sie auf die Erde fallen und zu Bernstein, wenn sie im Meer landen.
Weitere ihrer Symbole sind Katzen, die ihren Streitwagen ziehen und diese Tiere (insbesondere die Wildformen) passen ausgezeichnet zu ihrem Wesen. Ebenso besitzt sie einen Umhang aus Falkenfedern mit dem sie sich selbst in einen Falken verwandeln und fliegen kann. Ihre Bäume sind die Linde und nach manchen Quellen der Hollunder und die Birke. Außerdem soll sie Dill, Minze, Gänseblümchen, Flaxblüten und alle Arten von Beeren mögen. Und welche Liebesgöttin liebt keinen Honig ?!